Cannabinoide als Neurotransmitter
- Hakan Has
- 10. Mai 2018
- 2 Min. Lesezeit
Cannabinoidrezeptoren und Endocannabinoide
Bis heute wurden zwei endogene Cannabinoidrezeptoren identifiziert. Im Jahre 1990 wurde der (überwiegend zentral gelegene) CB1-Rezeptor geklont, drei Jahre später der (überwiegend peripher lokalisierte und vor allem von Zellen des Immunsystems exprimierte) CB2-Rezeptor . CB1-Rezeptoren wurden mittlerweile nicht nur im ZNS, sondern auch in vielen peripheren Organen und Geweben nachgewiesen, etwa in Immunzellen, Milz, Nebennieren, sympathischen Ganglien, Pankreas, Haut, Herz, Blutgefäßen, Lunge und in Teilen des Urogenital- und des Magendarmtrakts. Nur die Aktivierung des CB1-Rezeptors – nicht aber die des CB2-Rezeptors – führt zu den bekannten psychotropen Wirkungen. Im Jahre 1992 gelang der Nachweis endogener Cannabinoidrezeptor-Agonisten. Die beiden wichtigsten Endocannabinoide sind Anandamid (Arachidonoylethanolamid) und 2-Arachidonoylglycerol (. Seit der Entdeckung dieses komplexen endogenen Cannabinoid-Rezeptorsystems gilt es als erwiesen, dass Cannabinoide zahlreiche physiologische Wirkungen besitzen.
Im zentralen und im peripheren Nervensystem besteht eine vielfältige Wechselwirkung zwischen dem CB1-Rezeptorsystem und zahlreichen Neurotransmittern und Neuromodulatoren (). So führt die Aktivierung von CB1-Rezeptoren zu einer retrograden Hemmung der neuronalen Freisetzung von Acetylcholin, Dopamin, GABA, Histamin, Serotonin, Glutamat, Cholezystokinin, D-Aspartat, Glyzin und Noradrenalin. Der CB1-Rezeptor ist der im ZNS am weitesten verbreitete G-Protein-gekoppelte Rezeptor. Diese komplexen Interaktionen erklären nicht nur die Vielzahl der physiologischen Wirkungen der Endocannabinoide, sondern auch die pharmakologischen Wirkungen von Cannabiszubereitungen.
Pharmakologie von Cannabis und Cannabinoiden
Cannabis enthält neben THC, dem am stärksten psychotrop wirksamen Inhaltsstoff, eine große Zahl weiterer Cannabinoide und Pflanzenstoffe. Die meisten Wirkungen von Cannabiszubereitungen beruhen auf der agonistischen Wirkung von THC an den verschiedenen Cannabinoidrezeptoren . Einzelne Effekte sind aber auch auf eine Wirkung an anderen Rezeptorensystemen zurückzuführen. So wird beispielsweise angenommen, dass die Verminderung von Übelkeit und Erbrechen zum Teil durch eine antagonistische Wirkung am serotonergen 5-Hydroxytryptamin (HT)3-Rezeptor hervorgerufen wird.
Manche Effekte von Cannabiszubereitungen werden durch die Wirkungen anderer Cannabinoide als THC verursacht. So hat beispielsweise CBD – das Cannabinoid, das in vielen Cannabissorten nach THC in der höchsten Konzentration vorkommt – antiemetische, neuroprotektive und antiinflammatorische Eigenschaften. Zu seinen komplexen Wirkmechanismen zählen eine antagonistische Wirkung am CB1-Rezeptor, eine Stimulation des Vanilloid-1-Rezeptors, eine Hemmung der Hydrolyse von Anandamid und eine Aktivierung des Zellkernrezeptors PPAR-Gamma

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Therapeutisches Potenzial
Cannabiszubereitungen üben eine Vielzahl therapeutischer Wirkungen aus, darunter antispastische, analgetische, antiemetische, neuroprotektive, antiinflammatorische sowie Wirkungen bei psychiatrischen Erkrankungen. Zugelassen ist in Deutschland seit 2011 allerdings ausschließlich ein Cannabisextrakt, der THC und CBD im Verhältnis 1:1 enthält, für die Behandlung der mittelschweren bis schweren, therapieresistenten Spastik bei Multipler Sklerose (MS). Im Juni 2012 hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) über die Nutzenbewertung des Cannabisextraktes in dieser Indikation beschlossen und einen „geringen Zusatznutzen“ festgestellt. Es wurde eine befristete Genehmigung bis zum Jahre 2015 erteilt.
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